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16. Queerschlag-Geburtstag: Von Hydrozyklonen, Totenkammern und Doppelschraubenklassierern

Ende Februar 2014 machten sich 18 eifrige BergbaupraktikantInnen auf ins östliche Erzgebirge, um mehr über Land, Leute und den Bergbau zu lernen.

Die wirklich vorzügliche Fahrenleitung (Michael, Kai, Christoph) kompensierte die fehlende Schneehöhe (SOLL: 1 m bis 2 m, IST: 0 m) mit fantastischem Wetter sowie einer entzückenden Unterkunftswahl. Das Programm war dicht gedrängt, aber extrem abwechslungsreich und vor allem auf die Belange des Praktikums ausgerichtet, ohne die wichtigen Dinge des Lebens (Torte, Kuchen und Kaffee) außer acht zu lassen. 


Nachdem am Freitag alle PraktikantInnen glücklich im Örtchen Waldbärenburg eingetrudelt waren (mit diversen Vorprogrammen: Eislaufen, Eisstürzen, Forstweglaufen, Rabenauer-Grund-Erkundung), wurde den freundlichen Pensionswirten erst einmal der komplette Schnitzelvorrat weggefuttert (hätten sie gewusst, dass RuderInnen kommen, hätten sie den Vorrat verzehnfacht). Nach einer märchenhaften Nacht in den Zimmern „Aschenputtel“, „Schneewittchen“ etc. (nur von vereinzeltem Matratzen-Weh-Weh geschmälert) trafen sich am nächsten Morgen die PraktikantInnen zum kleinen 20-Kilometer-Fußmarsch durch die erzgebirgische Berglandschaft. Auf bequemen Wegen im Sonnenschein gingen uns die Gesprächsthemen nie aus, so dass wir (selbstverständlich nach der Nahrungssuche im örtlichen Edeka) im Bergbaumuseum Altenberg ankamen. Hier wurde uns eine riesige Portion Bergwerkswissen intravenös verabreicht.

Praktikumsfrage 1: Welches ist das vorherrschende Material in einer Pochwäsche?


Die meisten von uns bekamen einen massiven Respekt vor der Arbeit im Zinnbergbau. Schon nach 20 min Aufenthalt in der Zinnwäsche des Museums waren wir komplett durchgefroren (8 Grad, hohe Luftfeuchtigkeit). Hier Jahrzehnte unseres Arbeitslebens zu verbringen war uns unvorstellbar, unser Museumsführer aber sprach mit sehr viel Liebe und Erinnerung von seinen 30 Jahren im Bergbau.

Praktikumsfrage 2: Wie viele Menschen wurden mit Schließung des Bergwerks Altenberg 1991 auf einen Schlag arbeitslos?


Vollgepumpt mit Wissen begaben wir uns auf den zweiten Teil der Exkursion, Richtung Geisingberg. Hier gab es nicht nur einen fürchterlich engen Aussichtsturm zu besteigen, sondern auch den natürlich gewachsenen Charme der 70-jährigen Baudenmutter zu bestaunen. Gegen dieses schlagfertig-freundliche sächsische Mundwerk konnte selbst unsere Berliner Kodderschnauze nicht ankommen. Der dritte Teil unserer Wanderung war dann aber durchaus schon von leichter Erschöpfung geprägt; bei unklaren Wegverläufen um den Kilometer 15 herum wurde der Ton der Gruppe manchmal etwas „zickiger“. Aber die Fahrtenleitung entschärfte alle Konflikte erfolgreich, so dass wir pünktlich zur Essensvorbereitung in der märchenhaften Pension eintrafen.

Der nächste Morgen (natürlich wieder nach einem ausgewachsenen Frühstück) sah 11 PraktikantInnen am Mundloch des Tiefen-Bünau-Stollens in Zinnwald.

Praktikumsfrage 3: Wie bewegen sich Bergleute im Stollen fort? 


Zwei Praktikanten ergriffen bereits am Vormittag die Flucht nach Berlin, vier weitere wollten aus verschiedenen Gründen (Körpergröße, Platzangst) den Vormittag lieber an der frischen Luft verbringen. Die 11 Tapferen fuhren gemeinsam mit einem unglaublich sächselnden (aber sehr freundlichen) kleinen Bergmann in den Stollen ein, um bei stellenweise 1,50 m Stollenhöhe den Mehrwert der mitgeführten Helme wertschätzen zu können. Staunend liefen wir fast 3 km weit tief unter der Erde durch die kalte, feuchte Welt des vergangenen Zinnerzabbaus.

Praktikumsfrage 4: Wie groß war der Wochenvortrieb im Granitgestein durch Bergleute mit Eisen und Schlegel im Jahr Sechzehnhundertfilzlatsch?


Nachdem wir in ca. 200 m Tiefe die böhmische Grenze bewundert hatten (der Granit sah drüben auch nicht anders aus als bei uns) freuten wir uns, die Sonne wieder zu sehen (und nicht in der Totenkammer gelandet zu sein, auch wenn sie uns lange frisch gehalten hätte). Ausgehungert und verfroren stürmten wir das „Bunte Häusel“ in Altenberg und erfreuten uns abwechselnd am tollen Wetter, den fantastischen Torten und den geschätzten 1583 Kaffeekannen im Café. Aber der Tag hielt noch eine letzte Überraschung für uns bereit – denn: Kein queerschlag-Geburtstag ohne Schmalspurbahn! Und so stiegen wir in Dippoldiswalde in die Weißeritztalbahn, um noch eine gepflegte Nase Ruß zu uns zu nehmen. 

Praktikumsfrage 5: Warum fuhren wir nicht mit der Bahn ab Kipsdorf? 


Mit Schnauf und Töff fuhren wir durch den wunderschönen Rabenau-Grund bis in die hässlichste Ecke von Freital, um vor den ankommenden Dynamo-Dresden-Fans wieder die Flucht mit der Bahn in Richtung „Dipps“ anzutreten. Fahrplanmäßig um 17:26 Uhr war dann unser queerschlag-Geburtstagsausflug zu Ende, und ab ging es wieder ins heimatliche Berlin.

Es waren erholsame, lehrreiche und unterhaltsame Tage, für viele von uns das erste, aber vermutlich nicht das letzte Mal im schönen, gar nicht so fernen Erzgebirge. Danke, liebe Reiseleitung, für diesen schönen queerschlag-Geburtstagsausflug 2014!

Auflösungen


In der Totenkammer wurden die gestorbenen Bergleute und Dorfbewohner aufgebahrt, bis das Tauwetter wieder eine Beerdigung zuließ.

Hydrozyklone und Doppelschraubenklassierer sind Maschinen zur Trennung des zinnhaltigen Erzes vom tauben Gestein.

In der Altenberger Pochwäsche ist weitgehend Holz verbaut.

Über 1000 Menschen wurden arbeitslos.

Bergleute fahren generell in den Stollen ein, auch wenn sie laufen.

Der Wochenvortrieb im 17. Jahrhundert betrug ca. 25 cm (ja, es war halt Granit).

Die Bahnstrecke wurde durch das Jahrhunderthochwasser 2002 fast vollständig zerstört, der Teil Kipsdorf-Dippoldiswalde ist noch nicht wieder aufgebaut.