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Paris, Rudern bei den Gay Games X - ein Bericht aus dem neuesten französischen Hochofen

Die 10. Gay Games sollten also im August 2018 in Paris stattfinden. Rudern wurde angeboten und dank eines interkontinentalen Netzwerks hatten sich schnell über 300 Teilnehmende (nur für die Ruderwettbewerbe) angemeldet. Ursprünglich hatte man wohl mit nur ca. 100 gerechnet, aber dazu kommen wir später, wenn es um die Bootsausstattung geht.

Also haben wir mit unserer Orga von Berliner Seite im Dezember 2017 geschwind Fahrt aufgenommen und Unterkünfte gebucht. Die meisten kamen in Buttes Chaumont in der Gegend des schönen Parks und damit ÖPNV-mäßig günstig (#Satzzeichenkönnenlebenretten: es ist tatsächlich zwischen mäßig und günstig kein - also besser ging’s nicht) zwischen der Regattabahn für Olympia 2024 in Vaires sur-Marne und dem anderen Teil dieser tollen Stadt unter, den wir natürlich auch genießen wollten (aber lasst Euch sagen – Paris ist eeeeecht groß). Lieben Dank an Julian für die wochenlange Recherche und das glückliche Händchen bei der Auswahl des Domizils. Danach ging es mit der Vorbereitung Schlag auf Schlag – oder sollte ich schreiben Fall auf Fall? Im Februar beim Eislaufen der „Eingesprungene Marco“… wenige Wochen später im häuslichen Umfeld der neue „Rückwärts-Flix“ – liebe Queerschlagende – bitte probiert diese neuartigen artistischen Einlagen keinesfalls zuhause aus. Die Sprünge sind offensichtlich noch nicht ausgereift, es gibt noch keine Grundlage für Haltungsnoten, sie führen zu Schmerzen, stundenlangen Wartezeiten in Arztpraxen und Krankenhäusern und führten nach dem ersten Test dazu, dass damit erstmal drei Boote unserer Berliner Flotte für Paris ausgefallen waren. #nagingjagutlos

Freitag


Am Freitag vor den Wettkämpfen sind dann einige von uns noch schnell zur Regattastrecke gefahren und haben den Ausrichtenden geholfen, Boote zusammenzuschrauben. Das sah da alles noch nicht so aus, als würden da in zwei Tagen Rennen gefahren werden… Dafür bekamen wir aber einen kleinen Vorgeschmack auf die nächsten drei Tage, denn nachmittags fing sich die Sonne zwischen der Glasfassade des neuen Bootshauses und dem Asphalt des Bootsplatzes. Die Wettervorhersage schwärmte von 38° im Schatten – nur die Bäume hat man an der Olympiastrecke für 2024 offenbar erst einmal wegoptimiert. Es gab erste Queerschlag-Pläne, eine Zusatzversorgung für Wasser und Sonnencreme einzurichten (der nächste Supermarkt war 20min zu Fuß entfernt)

Samstag


 

Am Samstag kamen dann alle QueerschlägerInnen an die Strecke, um Boote zu probieren… oder eigentlich die Regattabahn, denn eine Gewähr dafür, das probierte Boot auch für das Rennen zu bekommen, gab es nicht. Das Üben im 2er ohne musste gleich komplett ausfallen, weil es zu wenig Boote gab. Dafür waren dann aber alle rechtzeitig geduscht und berlinkompatibel klamottiert im Park gegenüber des Stadions, um sich mit den anderen BerlinerInnen auf die Eröffnungsfeier einzuschwingen – nur Sekt gab’s keinen mehr als wir ankamen #grmpf dafür aber schöne Team-Berlin Photos. Dann ging es Richtung Stadion und nach gefühlten 2 Stunden Wartezeit kam es dann auch endlich zum Einlauf ins Stadion.

Zum Glück fängt Deutschland ja auf Französisch mit ‚A‘ an und wir durften mit zuerst rein, sonst wäre die Hitze auf dem Stadionvorplatz vermutlich völlig unerträglich geworden. Achtung Weltklasse: Es gab einen E-mailischen Hinweis vom Ausrichter an die Teilnehmenden, doch bitte wegen des Wetters von Aktivitäten im Freien abzusehen… Äh – und jetzt ???

Sonntag


Am Sonntag durfte dann endlich heftig gerudert werden – nach der obligatorischen Obleutebesprechung, die morgens um 8 Uhr stattfand. Der Schreiber bedankt sich hier nochmal ausdrücklich bei seinem 2er ohne Bugmann Karsten, der ihn nicht nur rechtzeitig aus dem Bett gekegelt, sondern ihm auch um 5:45h am Sonntag schon ein leckeres Frühstück aufgetischt hat. Die Obleutebesprechung ist wichtig – es gab während der Regatta offenbar massive Materialschäden, weil es Teams gab, bei denen die Weitergabe von Infos nicht geklappt hat… Liebe QueerschlägerInnen, Danke, dass Ihr bei der Durchsprache alle da wart und wir daraufhin auch alle Boote wieder an einem Stück auf dem Bootsplatz abgelegt haben (auch wenn Karsten und ich in dem Moment ein kleines Terminproblem hatten, weil unser 2er ohne Vorlauf kurzfristig auf genau den vereinbarten Zeitpunkt unseres Team Meetings verschoben wurde, sorry, dafür konnten wir nix) @Sicherheitsbeauftragter: die Sinnhaftigkeit, seitens des Veranstalters die Strecke für’s Triathlon-Schwimmen wenige Meter neben die Hochfahrstrecke für’s Rudern zu legen, erschließt sich mir nicht – und es hat die Obleute auch keiner darauf hingewiesen #puhzumGlücknixpassiert.

Das Format im 2er ohne war dann auch gleich nicht FISA kompatibel, weil es nämlich nicht genügend Boote gab. Es gab zwei Vorläufe, ein Finale und der dritte Platz wurde schon über die Zeit ausgefahren. Bei der Zeitwertung ließen die Queerschläger allerdings nichts anbrennen und so ging das erste Edelmetall nach Berlin. Lospech: Berlin war immer schneller als die Zweitplatzierten aus London – durfte halt nur nie direkt gegen die rudern. Deshalb Bronze nach Berlin – an Karsten und Stefan.


Der Mixed 2x mit Sibylle und Thomas hatte bei den Teststrecken beim Training in der Grünau eine Woche vor den Spielen gleich mal die Männerboote herausgefordert und fuhr daraufhin einen tollen Vorlauf und qualifizierte sich so für das Finale, was dann allerdings dazu führte, dass wir Thomas‘ Masters Einer abmelden mussten - 10min, um nach dem Finale im 2er wieder im 1er bis zum Start zu kommen, waren dann doch eher theoretisch zu schaffen. 5. Platz für Queerschlag im MMixed 2x


Masters Männer Doppelzweier – der Autor dieses Artikels bezieht sich auf gefühlte 27 E-mails in denen an die Ausrichtenden in Paris geschrieben wurde, dass aus Berlin Leute anreisen würden, die ziemlich groß seien und auch große Füße hätten… Super-GAU für den Ausrichter – die beiden Berliner Mannschaften mit den größten Jungs und den grössten Füssen (Jens mit Martin S. und Jörg mit Stefan) haben es auch noch beide ins Finale geschafft… aus Berliner Sicht war das natürlich ziemlich klasse, gleich zwei von fünf Vorläufen zu gewinnen – es gab aber leider einen kaum erkennbaren Haken- es gab nämlich nur einen (1) richtig schweren Doppelzweier in der Flotte des Ausrichters… Jörg und Stefan sind dann für’s Finale in einem Leichtgewichtsboot an den Start geschwommen, das dabei ein paar Auftriebsprobleme hatte – Fazit waren Platz 3 und 5 von 25 gestarteten Booten und schon wieder Bronze nach Berlin (diesmal für Jörg und Stefan).

Die Entscheidung des Ausrichters aus Wetter- und Zeitgründen die Rennen am Montag auf 500m zu verkürzen, war vor allem wegen der Temperaturen sinnvoll… natürlich änderte das nichts an dem Problem, dass ohne massive Startbrücke das Ausrichten am Start Eeeeeeeewigkeiten dauern kann… großes Lob an die Unparteiischen, die sich da echt jede Mühe gegeben haben J , aber bei Seitenwind wie am Sonntag ist das echt nicht komisch (und nicht jedeR TeilnehmerIn konnte das Boot richtig navigieren, wie ein Schiedsrichter am Montagmorgen sagte) .

Franz war im LeichtgewichtsMastersEiner unterwegs (übrigens eine chique Neuentwicklung der GG X – den gibt es nämlich sonst auf keiner Regatta) und nach einer guten halben Stunde des Zitterns und Bibberns nach der Zieldurchfahrt im Vorlauf wurde klar, dass Franz tatsächlich trotz des Altersbonus‘ für andere Teilnehmer den Vorlauf gewonnen und damit das Finale erreicht hatte.

Vor Franz‘ Finale bewährte sich dann unsere Queerschlag-Phalanx… denn nach 1,5 Tagen, in denen dieses Boot mit anderen RuderInnen bestimmt schon zehn Mal auf dem Wasser gewesen war, fiel der Schiedsrichterin am Steg plötzlich auf, dass es keine Reißleine gab. Wir – das waren Simon, Sibylle und Stefan – haben gestoppte 4:37min (Die waren natürlich nicht richtig gestoppt, denn zum Drücken der Stoppuhr hätte uns echt die Zeit gefehlt.) gebraucht, um das Problem zu beheben und die Schiedsrichterin zufriedenzustellen. Sibylle wird ihren Ruf als Kettenraucherin in der Ruderszene wahrscheinlich nie wieder los, weil sie mit dem Ruf „Ich brauche ein Feuerzeug, ich brauche ein Feuerzeug“ an der kompletten Front der anwesenden RuderInnen vorbeigelaufen ist :-D Das Feuerzeug brauchten wir allerdings, um die Enden dieser Reißleine sinnvoll zu verschweißen und diese damit durch die nicht vorgesehenen Ösen der Schuhe fädeln zu können (@Reinhard: Das war aus Sicherheitssicht alles regelkonform und richtig… Was halt komisch war: wo waren die Schiedsrichter an den letzten beiden Tagen??? ). Am Ende lief alles gut, Franz konnte starten und wurde gesamt 5. Im LMM1x.

 

Im offenen Doppelzweier gab es eine neue Herausforderung… Vorlauf montagmorgens um Punkt 8h mit Anreise aus der Stadt (wie oben beschrieben, war das ziemlich weit). Oh Mann… und ich hatte gedacht, Paris würde Urlaub – also schon wieder um 5:30h aus den nicht vorhandenen Federn (und schon wieder ein treusorgender Bugmann, der mir Frühstück gemacht hat! – diesmal war das Jörg) und ab auf den Rollsitz – immerhin gab es jetzt für die ersten Gegner Verwarnungen wegen zu spät Erscheinens am Start. 


Nach dem Vorlauf hab ich dann die Verwarnung vom Bugmann kassiert, weil ich zu früh Schub rausgenommen hätte… ok, man musste den Vorlauf gewinnen, um sicher ins Finale zu kommen, aber das ist doch kein Grund, da voll durchzuprügeln. Mit Andreas und Julian reden wir dann noch, wo die zwei Sekunden in ihrem Vorlauf liegen geblieben sind, die zum nächsten Doppelzweierendlauf mit doppelter Berliner Beteiligung geführt hätten…

Den O-Ton der zweitplatzierten Londoner beim Anlegen nach unserem Vorlauf verschweigt der Autor als wirklich nicht zitierfähig. Also wieder ein Berliner Boot Im Finale und dann ein Fall von „Weather strikes back“, denn am Skullgriff war noch so viel Sonnencreme vom Vornutzer des Bootes, dass ein Schläger beim zweiten Startschlag um ein Haar komplett abhandengekommen wäre… #hektischnachdemSkullGreifen #puhAllesnochmaleingefangen – den Rest des Rennens hat Sibylle per Video mitgeschnitten und wir nennen dieses Endspurtformat jetzt den „Queerschlag Afterburner“ – Gold nach Berlin –und wenn Du 200m vor dem Ziel sagst „Hoch“ und danach das Gefühl hast, dass das Boot die Flügel ausfährt #wozubrauchstDudannnochneMastercard ???


Der Achter in Renngemeinschaft mit Minneapolis, Kopenhagen, Paris und London war dann ziemlich verkorkst – den Vorlauf haben wir alle verpennt… denn da war noch ein Boot auf der Aussenbahn, das irgendwie keiner von uns auf dem Radar hatte. Weitergekommen sind wir als Vorlaufzweiter trotzdem, aber im Endlauf wollte die Kiste nicht so richtig anspringen… den 4. Platz (von 18 Achtern) hatten wir uns alle anders vorgestellt #NörgelnaufhöchstNiveau.

Am Ende haben wir alle mit der Sonne um die Wette gestrahlt, auch, wenn wir diesen gelben Ball ab nachmittags um 3 Uhr auf dem Regattaplatz alle verflucht haben, wenn auch der letzte Schatten weg war und es nur noch Hochofenatmosphäre gab (also welcher Depp geht bei 38 Grad im Schatten auch in den Schatten ???). 3x Bronze und 1x Gold haben wir nach Berlin geholt und jede Menge tolle Erinnerungen an eine tolle Stadt und ein tolles Queerschlagteam bei dem jedeR für die/den andereN da war und neue Kontakte, von denen wir hier in der Chronik hoffentlich noch viel lesen werden.

Lieben Gruß

Euer Strokeside und Julian, der mitgelesen hat J

P.S.: Auch Marco und Felix wurden inzwischen beide wieder in diversen Booten gesichtet und machen Pläne – Eiskunstlaufen und sonstige Artistik ist dabei aber hoffentlich nicht vorgesehen.